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Im Interview: Galerist Oliver Ahlers

Geschrieben von Sebastian Stahl | 4.7.2024

In den letzten Jahrzehnten wurden in Galerien und Museen für das Hängen von Bildern und Gemälden weiße Wände bevorzugt. Doch dies ändert sich. Sebastian Stahl sprach darüber mit Oliver Ahlers, dessen Göttinger Galerie im Moment Werke der Klassischen Moderne vor einer markanten Tapete präsentiert.

Durch die bodentiefen Fenster fallen Sonnenstrahlen in den Innenraum der Galerie in Göttingen. Sie treffen auf ein Gemälde von Franz Radziwill. Es hängt vor einer in Grün gehaltenen floralen Vogeltapete von Osborne & Little. 

Sebastian Stahl: Herr Ahlers, wie kam es dazu, dass an dieser Stelle in Ihrer Galerie zwei Wände mit Tapete zu finden ist?

Oliver Ahlers: Wir haben hier kürzlich umgebaut. Eines unserer Bilderlager wurde verlegt, und dadurch haben diesen neuen Ausstellungsraum gewonnen.

Und beim Anblick der rohen Wände während des Umbaus …

fiel mir ein, dass ich schon länger mal wieder eine Wand in unseren Räumen tapeziert haben wollte.

Bildquelle: Franz Radziwill / Courtesy Galerie Ahlers

Also mal etwas anderes?

Viele verbinden heute eine Galerie oder ein Museum ja mit leeren weißen oder betongrauen Wänden, auf denen Bilder streng nebeneinander gehängt werden. 

Wir haben uns ja alle an das Museum als sogenannten »White Cube« gewöhnt.

Genau, wir denken Museen und Galerien heute als großen weißen Würfel, in dem Kunst völlig ohne Architektur oder Ablenkendes drumherum betrachtet werden soll. Das Konzept hat eine gewisse Logik, wird jedoch, zumindest aus meiner Sicht, schnell langweilig.

Bildquelle (v.l.n.r.): Lesser Ury (2), Franz Radziwill / Courtesy Galerie Ahlers 

An diesen beiden Wänden schlagen Sie andere Wege ein.

Nicht wirklich (lacht). Es ist ja keineswegs etwas Neues, Gemälde auf eine Tapete zu hängen. Man muss sich nur zum Beispiel Schlösser wie Fulda oder Detmold anschauen. Dort hängen alle Gemälde vor Stoff-Bespannungen oder Tapeten. Oder denken Sie an Weimar: In Goethes Wohnhaus hat jeder Raum eine andere Farbe.

Waren das Ihre Vorbilder?

Das mag unterbewusst vielleicht eine Rolle gespielt haben, war aber nicht der Hauptgrund. Ich mag es einfach, unsere Wände immer wieder zu verändern und neu zu denken. Sei es eine dunkelrote oder auch eine rosa Wand, die wir ebenfalls im Moment in unserer Galerie haben und die wir für eine Petersburger Hängung nutzen, oder die dunkelgrauen Wände in unserer Werkstatt. Und jetzt eben dieser neuen Ausstellungsbereich mit Tapete.

Bildquelle: Franz Radziwill / Courtesy Galerie Ahlers

Und was sagen Ihre Besucher?

Da gibt es zwei Lager. Ein kleiner Teil ist visuell etwas überfordert, der Großteil aber ist begeistert. Für viele aber ist es etwas Ungewohntes, Kunst in einer Galerie vor einem mehrfarbigen, gestalteten Hintergrund zu sehen.

Es entsteht ein Zusammenspiel zwischen Kunst und ihrer Umgebung.

Das macht aus meiner Sicht genau den Reiz aus. Der Lichtstrahl auf dem Rahmen, der Schattenwurf auf der Wand, das Muster hinter dem Bild. All das lädt zum Entdecken ein. Viele Besucher sind überrascht, wie unterschiedlich die einzelnen Räume in unserer Galerie gestaltet sind.

Bildquelle: Lesser Ury / Courtesy Galerie Ahler

Sie sagten aber auch, einige wären überfordert. Gibt es Kunst, die sich nicht mit Tapeten verträgt?

Das ist, glaube ich, sehr individuell. Was an unseren Wänden so schön ist: Sie zeigen den Besuchern, welche Wirkung ein Gemälde haben kann, wenn es in einem belebten Umfeld hängt. Das Kunstwerk hängt ja bei unseren Kunden auch nur selten in einem weißen, leeren Raum, sondern eben über dem Sofa oder dem Schreibtisch. Kunst harmoniert gut mit farbigen Wänden oder Motiv-Tapeten. Da gibt es für mich keine pauschalen Einschränkungen. Was zusammenpasst, empfindet aus meiner Erfahrung jeder unterschiedlich. Man muss es einfach Ausprobieren. 

Welche Bilder sehen wir aktuell an den beiden tapezierten Wänden?

Wir haben zwei Arbeiten von Lesser Ury und ein Gemälde von Franz Radziwill auf der Vogeltapete Netherfield Park von Osborne & Little hängen. Beides sind Künstler der Klassischen Moderne, also von Anfang des 20. Jahrhunderts. Zuerst hing Lesser Urys Sonnenuntergang neben dem Radziwill. Das harmonierte gar nicht, Lesser Urys Berlinansicht dagegen passt perfekt zum Radziwill.

Die Vogeltapete dahinter bietet dabei einen passenden Rahmen für die drei Werke, ohne selbst zu stark zu dominieren. Gleichzeitig verleiht sie dem Raum eine wohnliche, gemütliche Stimmung, und macht so die Betrachtung der Kunst noch schöner.

 

 

Über die Galerie Ahlers

Die Galerie Ahlers, 1982 in der Universitätsstadt Göttingen gegründet, präsentiert zeitgenössische Kunst und Werke der klassischen Moderne. Im Herzen des Göttinger Kunstquartiers verfügt die Galerie über eine 350qm große Ausstellungsfläche, die sich über drei Fachwerkhäuser erstreckt.

Neben den etwa zwanzig vertretenen Künstlerinnen und Künstlern mit wechselnden Ausstellungen ihrer jüngsten Werke, werden in einer Dauerausstellung neue Entdeckungen aus dem Bereich des Kunsthandels vorgestellt. Als Mitglied im Bundesverband Deutscher Galerien (BVDG) berät die Galerie Ahlers auch bei dem Aufbau, der Betreuung und Auflösung von privaten Kunstsammlungen. 

>> Zur Seite der Galerie Ahlers

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Bild- und Video-Quelle: Arte International